Geschichte und Architektur

Der Historismus führte in Architektur und Kunst ab 1850 zu verschiedenen Wiederbelebungen historischer Stilformen. Dass der Historismus nicht nur nachahmend, sondern durchaus auch schöpferisch sein kann, zeigt sich eindrücklich am Beispiel des Weissen Schlosses. Die Ehre gebührt dem Architekten und Bauherrn Heinrich Honegger-Näf (1843–1907), welcher bereits an der Mitgestaltung des neu angelegten Bahnhofplatzes sowie der Bahnhofstrasse beteiligt war und so das aktuelle Stadtbild massgeblich mitprägte.

Mit dem Weissen Schloss schuf er ein eklektizistisches Gesamtkunstwerk bestehend aus schlossartigen Wohnhäusern in üppig wuchernden Louis-XIII-Formen und zerklüfteter Silhouettenwirkung, die ein lebhaftes Licht- und Schattenspiel in die Fassaden aus weissem Savonnières-Kalkstein zaubern.

Bis im Jahr 1983 beherbergte das Weisse Schloss ausschliesslich Wohnungen mit fünf bis neun Zimmern nach den damaligen neuesten technischen Errungenschaften. Geplant und gebaut für eine bürgerliche, gut situierte Gesellschaft, die das Leben in der aufblühenden Wirtschaftsmetropole demjenigen auf dem Land vorzogen, ohne dafür auf entsprechende Standesmerkmale verzichten zu müssen.

1890

Im November arbeitet der Architekt Heinrich Honegger-Näf erste Baueingabepläne für das Weisse Schloss aus. Er projektiert und baut das viergeschossige Mehrfamilienhaus im grossstädtischen Stil auf eigene Rechnung. Am 3. April 1891 erteilt die Gemeinde Enge die Baubewilligung für das Weisse Schloss.

1920

Ab 1920 erlebt das Weisse Schloss regelmässige Umgestaltungen und Garagenanbauten im Hofbereich.

1930

In der Festschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Eidgenössischen Polytechnikums steht über das Gebäude: «[…] Die Häusergruppe steht auf ehemaligem Seengebiet und hat infolgedessen ausserordentliche Fundationen erfordert. Es wurden 2200 Pfähle gerammt und mit Schienen verbunden, diese mit Kugelsteinen ausgeschlagen und darüber eine Betonschicht von 1.5 m Höhe und 1.5 m bis 3 m Breite erstellt. Auf dieser ruht der Granitsockel.»

1983

Die weitläufigen 6- bis 9-Zimmer-Wohnungen werden aufgehoben und in Büros umgewandelt. Ein Lift wird eingebaut. Zudem entsteht im Dachbereich des 6. OGs aus einer Estrichfläche eine zusätzliche Wohnung.

2021

Nach Ablauf der bestehenden Mietverträge realisiert die Eigentümerin «Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft» die umfassende Gesamtsanierung des denkmalgeschützten Wohn- und Bürogebäudes.

2023

Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten stehen im Weissen Schloss 13 Mietwohnungen und 21 Businessflächen für ein exklusives Wohn- und Arbeitserlebnis bereit zum Bezug.

Sanierung

Während der rund dreijährigen, aufwendigen Sanierungsphase von 2021 bis 2023 arbeiten die Architekten daran, den ursprünglichen Zustand des denkmalgeschützten Baus so gut wie möglich zu erhalten oder zurückzugewinnen. Die Nutzung als Wohn- und Geschäftshaus bleibt nach dem Umbau grösstenteils unverändert, mit Ausnahme einer Teilfläche des Estrichs im Dachgeschoss, die zukünftig als zusätzliche Wohnfläche dienen wird.

Die Büroflächen, die in ihrer historischen Substanz am besten erhalten sind, werden mit dem nötigen Respekt und unter Erhalt aller vorhandenen Stilelemente renoviert. Die grössten baulichen Veränderungen kommen den in den 1980er-Jahren umgebauten Dachgeschosswohnungen zuteil, welche ohne Rücksicht auf die Gebäudestruktur umgestaltet wurden. Hier wird der räumliche Massstab wieder hergestellt. Mit teilweise neuen Küchen sowie Nasszellen, restaurierten oder ersetzten Böden, Wänden und Decken sowie stilgerecht neuzeitlichen Holzfenstern wird das Weisse Schloss behutsam in die Moderne geführt, ohne dass es seinen ursprünglichen Charakter verliert.

Der Sanierung der Gebäudehülle kommt ein besonders hoher Stellenwert bei: Die Fassade aus Kalkstein wird gewaschen und wo nötig restauriert und ergänzt, sodass das Weisse Schloss seinem Namen auch äusserlich wieder gerecht wird.